Eines Tages saßen die zwei am Ufer der Saale und hielten ihre Angeln ins Wasser. Sie hatten Riesenhunger und wollten ihr knurrenden Mägen mit leckerem Fisch füllen. Doch statt eines Schuppentieres baumelte plötzlich eine alte Flasche an ihrem Angelhaken. Sie war fest mit einem Korken verschlossen. Im Inneren konnte man einen Gegenstand erahnen. Neugierig und aufgeregt zogen die Riesen den Korken heraus. Zum Vorschein kam ein altes Stück Papier mit merkwürdigen Zeichen und Symbolen. Die zwei grübelten über dem Zettel, bis ihnen die Köpfe qualmten. Was mochte das sein? Dann kam ihnen eine Idee: Eine Schatzkarte! Bestimmt war an der Stelle mit dem Kreuz etwas Wertvolles versteckt! Voller Abenteuerlust zogen die Riesen los und suchten im Salzatal nach dem markierten Ort.
Die Umgebung von Langenbogen, da wo die Salza wie ein Hufeisen eine Schleife macht, passte genau zur Zeichnung. Hier hielten sie an und begannen zu graben.
Der Boden war sehr fest und steinig. Mit ihren Schaufeln kamen sie kaum voran. Da kehrten die Riesen am nächsten Tag mit zwei Hämmern zurück und begannen Löcher in die Erde zu schlagen. Das klappte viel besser! Die Erdklumpen und Hinkelsteine stoben nur so durch die Luft. So hieben sie zwei Tage lang mit dem Hammer auf den Boden ein und schlugen tiefe Löcher und Schluchten in die Erde. Dann entdeckten sie plötzlich, dass vor ihnen im Erdreich etwas schimmerte. Ein paar blaue, grüne und golden glitzernde Steine, wie Glasscherben, kamen zum Vorschein. Und wenige Zentimeter daneben ragte ein Henkel empor. Sie befreiten einen alten kunstvoll verzierten Krug aus der Umarmung der Erde. Damit niemand aus Versehen in die Schluchten hineinfiel, füllten sie die Hammerlöcher schnell wieder auf. Anschließend eilten sie nach Hause und säuberten ihre Fundstücke gründlich.
Als sie an diesem Abend vor ihrer Behausung saßen, da geschah etwas Magisches: Im Schein der Abendsonne begannen die Scherben zu leuchten und der Krug erstrahlte wie eine goldene Sonne! Jetzt waren sich die Riesen sicher, dass sie einen Schatz gefunden hatten! Nach Sonnenuntergang endete das Schauspiel und es wurde Zeit zum Schlafengehen. Sie räumten auf und trugen ihre Sachen hinein. Dabei fielen unbemerkt ein paar Beeren vom abendlichen Naschen in den hübschen Krug.
Am nächsten Morgen staunten sie nicht schlecht. Der Krug war randvoll mit Beeren gefüllt! Die zwei Riesen verdächtigten sich gegenseitig. Aber keiner wollte es gewesen sein. Ehrenwort. Und je länger sie darüber sprachen, umso mehr glaubten sie, dass hier Zauberei am Werk sein musste. Die Schatzkarte, die bunten Scherben, der Krug, das Leuchten, das konnte doch alles kein Zufall sein!
Am nächsten Abend wollten sie dem Zauber auf die Schliche kommen. Sie legten eine kleine Tomate in den Krug, stellten ihn an die gleiche Stelle und gingen schlafen. Am Morgen war er bis zum Rand mit roten reifen Tomaten gefüllt! Die Riesen probierten in den folgenden Nächten noch vieles aus: Getreide, Obst, Gemüse, Wasser, Kieselsteine, Knöpfe und Flaschenkorken. Aber nur die Lebensmittel füllte ihnen der Krug über Nacht auf. Alles andere blieb unangetastet liegen.
Da beschlossen die zwei, ihr Glück nicht weiter herauszufordern. Von nun an nutzten sie den Krug jede Nacht zum Auffüllen ihrer Essensvorräte. Und fortan ernteten sie weniger von den Feldern und aus den Wäldern der Menschen, sodass für alle mehr übrigblieb und jeder ausreichend satt wurde.
© Tina Kaltofen. Alle Rechte vorbehalten.