Chaos in der Eismühle bei Beesenstedt

Erinnert ihr euch noch an die Geschichte von Frau Holles Sommerhaus? In den besonders heißen Sommermonaten verbrachte Frau Holle ihre freien Tage in der Nähe von Beesenstedt. Sie hatte mit etwas märchenhaftem Zauber die alte Eismühle wieder hergerichtet. Dadurch konnte sie die vorbeikommenden Wanderer mit köstlich-kühlem Eis verwöhnen. In einem Jahr wäre das beinahe ausgefallen. Davon erzählt die heutige Geschichte.

An manchen Tagen, wenn in der Eismühle die Besucher ausblieben, war Frau Holle einsam und wünschte sich Gesellschaft. Da kam es gerade recht, dass einmal ihre Patenkinder Hänsel und Gretel die Ferien bei ihr verbrachten. Beide hatten versprochen, bei der Arbeit zu helfen. Frau Holle freute sich auf die zwei und machte Pläne für die gemeinsame Zeit.

Am ersten Tag zeigte sie den Kindern die Umgebung, damit sie sich zurechtfanden und nicht im Wald verliefen. Tags darauf verriet sie ihnen, wie das Wasserrad funktionierte. Anschließend teilte sie ihr geheimes Eisrezept mit ihnen und bat sie, bei der Eisherstellung zu helfen. Hänsel und Gretel mischten begeistert die Zutaten für die leckeren Eissorten zusammen. Frau Holle freute sich über die Hilfe und widmete sich bald einer anderen Aufgabe. Sie ließ die Zwei in der Eisküche allein. Doch nun begannen die Kinder wild zu experimentieren. Sie vertauschten die Zutaten, gaben von diesem etwas mehr und von jenem etwas weniger hinzu und als Frau Holle wiederkam, war es schon zu spät. Hänsel und Gretel hatten alles durcheinandergebracht. Statt Erdbeer-, Vanille und Schoko-Eis gab es nun die abenteuerlichen Sorten Vanko, Schobeere und Erdbille! Die neuen Namen klangen außergewöhnlich. Und die Geschmacksrichtungen waren sehr speziell. Frau Holle probierte tapfer alle Kreationen durch. Das eine sah ganz appetitlich aus, schmeckte aber wie ungewaschene Füße. Das Zweite hatte Ähnlichkeit mit Ohrenschmalz, so dass man es nicht ansehen wollte. Und das Dritte roch schon von weitem so modrig, dass Frau Holle übel wurde. Nichts davon konnte sie ihren Gästen anbieten. Sie mussten alles nochmal neu machen. Diesmal unter Frau Holles strengen Augen und genau nach Rezept. Der miefige Geruch hing noch lange in der Luft.

Als zweite Aufgabe sollten sie eine riesige Waffeltüte mit bunten Eiskugeln auf die Fassade der Eismühle malen, damit die Wanderer sie schon von weitem gut erkannten. Frau Holle erklärte den beiden alles ganz genau und war davon überzeugt, dass Hänsel und Gretel sie gut verstanden. Doch als sie eine Stunde später wieder nach den Kindern sah, erlebte sie den nächsten Schreck. Es verschlug ihr die Sprache. Die zwei hatten sich mit der Eistüte sehr viel Mühe gegeben. Und auch die Größe des Gemäldes entsprach voll und ganz Frau Holles Wunsch. Nur leider stand die Eiswaffel auf dem Kopf, mit der Spitze nach oben! Die Eiskugeln quollen am Erdboden aus der riesigen Öffnung heraus, als wäre einem Kind seine Tüte aus der Hand gefallen und das Eis zu einer matschigen Pfütze verlaufen. Oh weh! Frau Holle hielt ganz lange die Luft an. Im Stillen hoffte sie, dass die Gäste das Bild trotzdem erkannten und einen Spaß daraus machten. Da kamen schon ein paar Besucher und sahen das Kunstwerk. Als sie fragten, was das schiefe Indianerzelt zu bedeuten hätte, war alle Hoffnung, dahin. Arme Frau Holle! So hatte sie sich das nicht vorgestellt.

Es dauerte noch drei Wochen, bis Hänsel und Gretel von ihren Eltern abgeholt wurden. In dieser Zeit gab es noch viele Aufgaben in der Eismühle. Von nun an arbeiteten sie aber zu dritt und hatten dabei auch reichlich Spaß miteinander. Ganz nebenbei konnte Frau Holle nun ein wachsames Auge auf die zwei haben. Gemeinsam erfanden sie die neue Eissorte Schobille, eine Mischung aus Vanille-, Schoko- und Erdbeer-Geschmack. Die fanden nicht nur die drei, sondern auch die Gäste lecker.

Am Ende der Ferien war Frau Holle traurig und froh zugleich. Sie legte sich in die Hängematte, lauschte dem Gezwitscher der Vögel und genoss für eine Weile das Alleinsein.